LHC-Kritik als Thema bei der GWUP Konferenz in Wien: Anerkennung des wissenschaftlichen Ansatzes zur Kritik an teilchenphysikalischen Hochenergieexperimenten (CERN)
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Trotz ausdrücklicher wissenschaftlicher Anerkennung der kritischen CERN/LHC-Risikodiskussion erachtet der vortragende Physiker die Risikofrage betreffend der experimentellen Nuklearforschung an modernen Teilchenbeschleunigeranlagen als geklärt. In der Diskussion blieben die Meinungen über die Stichhaltigkeit der Sicherheitsargumente und ein adäquates Risikomanagement geteilt. Eine Zusammenfassung inklusive Diskussion:
Die GWUP („Die Skeptiker“ – Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V.) ist eine vor allem in Deutschland und Österreich aktive Gesellschaft, die sich - tlw. sehr originell - der Kritik von Pseudowissenschaften, Esoterik und Verschwörungstheorien verschrieben hat. Das hochspekulative Gebiet der Teilchenphysik wurde dabei nicht als Grenzwissenschaft vorgestellt. Der Abschlussvortrag auf der GWUP-Jahrestagung vom 2. bis 4. Juni in Wien warf die Frage auf, was es mit der von einigen als „Panikmache“ bezeichneten Kritik an physikalischen Hochenergieexperimenten auf sich habe.
Der junge Quantenphysiker und für die GWUP sowie für die TU Wien tätige Dr. Florian Aigner wählte zur Bewältigung des komplexen Themas einen durchaus integrativen Ansatz. Einleitend sprach er, nach der Kritik an diversen Parawissenschaften im Verlauf des Kongresses (im Zuge dessen auch „Das Goldene Brett vorm Kopf“ verliehen wurde) von einem „versöhnlichen“ Abschlussvortrag: Die LHC-Risikodiskussion wurde von esoterischen oder verschwörungstheoretischen Ansätzen deutlich abgegrenzt und ihr wissenschaftlicher Ansatz wurde ausdrücklich anerkannt.
Vorweg: Aigner brachte keine neuen Argumente betreffend LHC-Sicherheit vor. Vielmehr wurde die LHC-Risikodiskussion unter Einbeziehung einiger kritischer Standpunkte kurz vorgestellt, wobei letztendlich bekannte Sichtweisen von CERN wiederholt wurden.
Zur Erörterung der seit einigen Jahren wissenschaftlich diskutierten (zwar hypothetischen - aber existentiellen) Risiken in der experimentellen Nuklearforschung an gigantischen Teilchenbeschleunigern wurde vor allem das Micro-Black-Holes- sowie das Strangelet-Szenario hervorgehoben. Aigner argumentierte, dass – angefangen bei Dr. Walter Wagner in den USA, welcher als erster einer breiteren Öffentlichkeit als Kritiker der modernen Teilchenbeschleuniger-Technologie bekannt wurde, bis hin zu Prof. Otto Rössler oder Dr. Rainer Plaga – auf die zahlreichen kritischen Papiere zum Collider-Risiko durchaus reagiert worden sei. Verwiesen wurde hierbei natürlich auf CERN‘s LSAG-Sicherheitsreports und die Studien von Giddings und Mangano.
In diesem Sinne deklarierte der Vortragende die LHC-Risikodiskussion als durchaus gelungene wissenschaftliche Diskussion zwischen CERN, verschiedenen Kompetenzen und der Öffentlichkeit, freilich basierend auf seiner Annahme, dass das LHC-Experiment, welches seine Designkapazitäten übrigens noch lange nicht erreicht hat, nunmehr sicher genug sei. Aigner erklärte, dass die Forderung nach einer unabhängigen Risikoprüfung kaum einzulösen wäre, da de facto sämtliche Experten auf dem Gebiet ein Naheverhältnis zu CERN hätten. Nur diese Experten, so die standesgemäße Meinung des Physikers, könnten aber das Risiko adäquat beurteilen. Mit Verweis auf die Formel: Risiko ist: Schaden mal Eintrittswahrscheinlichkeit (was bei unendlichem Schaden selbst bei kleiner Wahrscheinlichkeit ein unendliches Risiko ergibt) wurde der Risikoforschung vom Vortragenden die Kompetenz aber allzu vorschnell abgesprochen.
Diskussion und Resümee: Risikoforschung reduziert sich natürlich nicht auf die Berechnung obiger Formel. Ihr Wert bestünde hier vor allem im Bereitstellen neutraler Beurteilungskriterien, dem Einbringen neuer Sichtweisen, Parameter, wissenschaftssoziologischer Aspekte etc., weswegen von Kritikern auch stets eine externe und multidisziplinäre Risikoprüfung eingefordert wurde. In Anbetracht des Vorschlags von Prof. Wolfgang Kromp („Sonder-Umweltverträglichkeitsprüfung“) und insbesondere der Studie des Risikoforschers Dr. Mark Leggett, wonach CERN weniger als ein Fünftel der zu erwartenden Kriterien eines modernen Risk Assessment erfülle, wollen physikbegeisterte LHC-Fans und Betreiber dies freilich allzu gerne umschiffen.
Zur anschließenden Diskussion breitete sich im Publikum lebhaftes Interesse aus. Ein anwesender CERN-Physiker verwies sogleich darauf, dass bei den Teilchenkollisionen Energien einer Mücke im Flug im Spiel seien. Zu diesem Vergleich hatte der Referent eine Folie parat, welche einem einzelnen Proton die Mückenenergie, dem gesamten LHC-Beam allerdings die Energie eines Eilzuges zuwies (M.a.W.: Ein Protonenstrahl am LHC, dünner als ein Haar, hat die kinetische Energie eines Flugzeuträgers, könnte eine halbe Tonne Kupfer schmelzen, etc.).
Der ebenfalls anwesende Kritiker und Sprecher von ‘LHC-Kritik‘ – Netzwerk für Sicherheit an experimentellen subnuklearen Reaktoren, Markus Goritschnig, meldete sich zum vorgebrachten Vergleich des LHC-Experiments mit natürlichen Teilchenkollisionen zu Wort: Jedes einzelne der Sicherheitsargumente betreffend LHC habe seine Schwächen: Das Problem mit dem Verweis auf hochenergetische natürliche Strahlung sei zunächst, dass diese Forschung noch in den Kinderschuhen stecke. Das eben an die Internationale Raumstation angedockte AMS 2 – Experiment messe erstmals direkt (und nicht indirekt mithilfe von Hochrechnungen infolge von Teilchenschauern) natürliche Kollisionen bei 1-2 TeV (Tera-Elektronenvolt, eine Billion eV), der LHC operiere derzeit aber bereits auf 3.5 TeV (halbe Designkapazität) - dies unter quantitativ (Dichte, Frequenz) und qualitativ mit natürlichen Ereignissen in Erdnähe kaum vergleichbaren Bedingungen.
Im Falle des LHC eile die experimentelle Forschung an Teilchenbeschleunigeranlagen der empirischen Astrophysik bei weitem voraus. Weitere beobachtende Experimente seien unbedingt notwendig, um wichtige Fortschritte in der Sicherheitsbeurteilung zu erzielen.
Von einem Zuhörer zur eingebrachten und weiterhin anhängigen Menschenrechts-Klage gegen die CERN-Mitgliedsstaaten befragt, sagte Goritschnig: „Teilchenbeschleuniger vor dem Kadi“ sei in diesem Zusammenhang freilich eine besonders skurrile Schlagzeile. Probleme des Rechtswegs seien z.B.: Zurückweisung aus irgendwelchen formalen Gründen, Zurückweisung wegen mangelnder physikalischer Evidenzen. Oder umgekehrt die Zurückweisung wegen zu vieler eingebrachter physikalischer Evidenzen, was das Gericht überfordern könne. Außerdem könne dem Gericht natürlich keine „rein physikalische Frage“ zur Entscheidung vorgelegt werden. Das Finden eines Mittelwegs bedürfe hier außerordentlicher Sorgfalt. Für die Kritiker sei die Einbringung der Klagen eine Notlösung gewesen und man würde kooperative Ansätze natürlich bevorzugen.
Im Vortrag von Florian Aigner standen vor allem die Medien im Brennpunkt der Kritik. Sogar sachliche Artikel wären mit reißerische Schlagzeilen und beunruhigenden Bildern versehen gewesen. Auch Markus Goritschnig kritisierte die Berichterstattung: Jene Medien, die besonders reißerisch berichtet hätten, hätten dies eher deswegen getan, weil sie das Thema als skurrile Abwechslung einstuften. Nur einzelne Journalisten hätten sich die Zeit genommen, die vorgebrachten kritischen Argumente und die grundsätzliche Problematik genauer zu betrachten.
Der Abschluss der GWUP-Konferenz war tatsächlich „versöhnlicher“ als einige vielleicht gedacht hätten. Jedenfalls zeigte sich abermals, dass eine faire wissenschaftliche Diskussion des Themas leicht möglich ist. Viel mehr war in der kurzen Zeit freilich auch nicht zu erwarten. Der Vortragende sowie der anwesende Physiker vom CERN vertrauen letztendlich den wenigen Studien einiger angesehener Kollegen, weil sie die Sicherheitsargumente für zureichend halten und dem Wissenschaftssystem Teilchenphysik insgesamt vertrauen. Genau hier hat nach Meinung der Kritiker aber wieder einmal eine Wissenschaft, sprich: die „experimentelle Nuklearforschung“ (klingt hart, ist es aber) ein ethisches Grenzgebiet erreicht (vgl. Gentechnologie, etc.), welches so früh wie möglich einer multidisziplinären Risikobetrachtung bedarf.
Weitere Informationen bei LHC-Kritik: www.LHC-concern.info
Comments
Comment from Admin LHC-Kritik
Time June 21, 2011 at 3:37 pm
Nebenbei hinzuzufügen ist unter anderem: Aus dem Umfeld der “Skeptiker” und von Seiten eines deutschsprachigen Internet-Forums (wir nennen es “rel.krit.”), das die Nähe der GWUP sucht, schlug der LHC-Kritik stets einiges an Polemik entgegen. Auch deswegen ist die Anerkennung des kritischen wissenschaftlichen Ansatzes auf der GWUP-Konferenz eine wichtige Klarstellung.
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Comment from Admin LHC-Kritik
Time June 21, 2011 at 1:57 pm
“Ökonews”:
Wer kontrolliert die experimentelle Nuklearforschung (CERN)?
21.6.2011
LHC-Kritik als Thema bei der GWUP Konferenz in Wien
http://www.oekonews.at/index.php?mdoc_id=1060147
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Comment from Rudolf Uebbing
Time June 14, 2011 at 12:43 pm
Streng wissenschaftlich - dies muss eingefordert werden:
Eine teilweise probalistisch orientierte Sicherheitsanalyse,
wie sie anfänglich 1999 und auch kurz danach noch
von Wissenschaftlern der Teilchenphysik vorgelegt wurde,
wurde seit 2003 nicht weiter verfolgt, d.h. nicht angemessen vertieft und nicht weiter detailliert quantitativ
eingegrenzt (sh. dazu insbesondere LSAG-Report 2008) -
das zweifelhafte Endresultat einer wissenschaftlichen Institution
von Weltrang lautet hingegen, populistisch kurz formuliert:
Es sind keine vernünftigerweise erkennbaren Risiken vorhanden. - Nun, eine probalistisch geprägte Analysenmethodik hätte definitiv
bezifferte Risikoobergrenzen erneut, also in 2008, aufgezeigt,
wo tatsächlich vorhergehende, konkret angegebenen Bezifferungen, etwa seit der Zeit des LSAG-Reportes 2008,
mit “Zero” weggewischt werden - der unbefangene Betrachter muss
ein derartiges Vorgehen als unwissenschaftlich ansehen.
Befremdlich ist, dass als Nichtphysiker, als Fachfremder,
hier der Wunsch an die Physikergemeinschaft zu richten ist,
doch einmal die gegebenen Irrtumspotenziale genau zu analysieren
und zu quantifizieren. Man kann wissenschaftlich
nicht korrekterweise signifikante Sachverhalte in eine
Schlussfolgerungskette einstellen, ohne die tatsächlich
zugrundeliegenden Signifikanzniveaus konkret zu beziffern und auszuwerten.
Ein vornehmlich qualitativ, d.h.
ein vorwiegend deterministisch bestimmtes Sicherheitsresultat
ist n i c h t zeitgemäß und
der gegebenen Situation n i c h t angemessen -
ein Restrisko gehört in jedem Fall unterhalb eines Grenzrisikos
als ausreichend klein, unterhalb einer Risikooberschranke, nachgewiesen - d.h. eben konkret als belegte Obergrenze beziffert;
derart müssen die Ausführungen eines deutschen Mathematikers
verstanden werden, der sich kürzlich resumierend zu dem 3-fachen Fukushima-Gau geäussert hatte. -
Der ansonsten oft wohltuende kritische Skeptiker-Blick
kann ausgeweitet werden; Selbstreflexion kann gelegentlich weiterhelfen.
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Comment from Admin LHC-Kritik
Time June 9, 2011 at 5:58 am
GWUP-nahe Blog-Artikel / Konferenzberichte:
GWUP Konferenz – Der letzte Tag: Von Statistricks bis Schwarze Löcher.
http://antisophista.wordpress.com/2011/06/05/gwup-konferenz-der-letzte-tag-von-statistricks-bis-schwarze-locher/
“GWUP-Konferenz: CERN-Mythen”
http://blog.gwup.net/2011/06/04/gwup-konferenz-cern-mythen/
“GWUP-Tagung in Wien, dritter Tag: Statistrick, LHC und HAARP”
http://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/06/gwup-tagung-in-wien-zweiter-tag-statistricks-lhc-und-haarp.php
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Admin LHC-Kritik Reply:
July 4th, 2011 at 2:13 pm
Zumindest der Administrator des oben erwähnten “rel.krit.”-Internet-Forums (er nennt sich “Karl Hilpolt”, eventuell ident mit dem Internet-Wauwau “galileo2609″ alias “Klaus Schweikart”, einem Namen, zu dem außerhalb der besagten einschlägigen Foren nur ein Frisörsalon existiert), hat nach eigenen Angaben an der GWUP-Konferenz teilgenommen, eine Wortmeldung wagte er aber offenbar nicht… Stattdessen versucht er in einem eigenen „redaktionellen“ Artikel mit selektiver Wahrnehmung zu punkten und kritisiert nebenbei den Vortragenden Dr. Florian Aigner, welcher Blogger “Karls” Meinung nach schärfer gegen die Kritik am LHC hätte argumentieren sollen. In der kurzen Zeit konnte der Vortragende aber die LHC-Risikodiskussion nur in den Grundzügen vorstellen und er betonte dabei, dass es sich um eine wissenschaftliche Diskussion handelt. (Dies zu markieren war notwendig, da das “skeptische” Auditorium womöglich die Präsentation einer weiteren “Parawissenschaft” erwartete.)
Wir hätten uns auf eine ausführlichere Diskussion gerne eingelassen und schlagen deshalb schon lange die Abhaltung einer multidisziplinären LHC-Sicherheitskonferenz vor - bisher leider vergeblich. Das Material auf dieser Homepage spricht allerdings auch für sich - und unter den jetzigen Umständen hätte der LHC gar nie in Betrieb gehen sollen. Von einer milliardenteuren Aufrüstung im Jahr 2013 ist bis auf weiteres Abstand zu nehmen.
Das rel.krit.-Forum ist leider ein Negativbeispiel dessen, wie selbsternannte „Skeptiker“ der 4. Und 5. Reihe, die im Fahrwasser der GWUP mitzuschwimmen suchen, den sehr begrüßenswerten „skeptischen Ansatz“ geradezu ins Gegenteil umkehren und zu einem faschistoid-unkritischen Einbetonieren des sogenannten Mainstreams auszugestalten versuchen. Dies wird ihnen mit der GWUP aber nicht gelingen. Die kindische, anonym-polemische und unwissenschaftlich-untergriffige Herangehensweise des rel.krit.-Forums hat den Akteuren dort auch schon zahlreiche Klagen wegen Verleumdung, Rufschädigung, Stalking etc. eingebracht.
Wir haben dies nicht notwendig und sehen uns auch nicht angehalten, auf jede Kapriole der anonymen rel.krit.-Blogger zu reagieren.
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